Donnerstag, 27. Juni Start um 9:30 bis 16 Uhr , 13KM in 7,5 Stunden 1103 Höhenmeter
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Grande Finale
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge beginnt der Tag. Die Sonne scheint, was willst du mehr. Wir gehen leicht ansteigend Richtung Tarvis auf dem Alpe Adria Radweg. Nach einer Stunde sind wir im nächsten Ort Camporosso, laut Pilger Plan soll es irgendwo einen Stempel geben, wir finden nichts und gehen zur Seilbahn des Monte Lussari. In der Talstation gibts auch keinen Stempel, aber Bier. Sabine musste ich lustiger Weise überreden zu einem 11er Bier. Wir liegen in einem Liegestuhl an der Schirmbar und blicken nach oben. Irgendwie ist alles komisch heute. Kein Wunder, wenn eine so lange Reise zu Ende geht. Wir schultern ein letztes Mal unseren Rucksack. Wir müssen nach oben. Der Weg ist sehr, sehr steil. Es ist zumindest ein Forstweg, so muss man nicht ganz so aufpassen. Nach 3 Stunden erreichen wir eine Alm. Sie liegt an einer Skiabfahrt im kleinen Skigebiet am Monte Lussari ist. Klein, aber sehr selektiv. Sogar Weltcup Rennen wurden schon mal ausgetragen. Wir wandern weiter sehr steil aufwärts und bewundern den Hüttenwirt, wie er mit einem Jeep die Pist rauf und runter zur Alm fährt. Nach kurzer Zeit treffen wir auf die asphaltierte Bergstraße. Diese wurde 2023 anlässlich einer Bergankunft des Giro Italia erstmals geteert. Das Rennen sah ich damals im Fernsehen. Ein großer Zweikampf damals zwischen dem Slowenen Primoz Roglic und dem Engländer Geraint Thomas. Roglic siegte unter tosenden Beifall tausender Fans aus seiner Heimat.











































Die Grenze zu Slowenien ist ja nur einen Katzensprung entfernt. Der Countdown läuft, es kann nicht mehr weit sein bis zur Kirche. Wir sind beim letzten von vier Camino Celeste Denkmälern angekommen. Wir fallen uns in die Arme. Tränen fließen. Wir haben es geschafft. Zum Grande Finale fehlen uns aber noch ein paar Meter. Nochmal um eine kleine Bergkupper herum und wir erblicken zuerst die Seilbahn, dann links eine kleine Siedlung mit Gasthäusern, Pfarrgebäuden und der Kirche. Wir gehen in Trance die letzten Meter hinauf. Wir finden keine Worte und gehen gleich in die Kirche. Dort wird gerade ein Gottesdienst für Pilger abgehalten. Das passt ja perfekt für uns. Die Kirche ist voll mit Pilgern, es dürfte eine ganze Gruppe sein. Wir stellen uns ganz nach hinten, Sitzplatz ist keiner frei. Wir stehen in unseren verschwitzten Kleidern in der kalten Kirche und lauschen den Pfarrern. Es sind mehrere vorne am Altar. Die Messe ist natürlich auf italienisch aber das macht nix. Wir gehen sogar zur Kommunion nach vorne. Wir sind ergriffen vom Moment der Ruhe und inneren Einkehr. Nach Ende der Messe gehen wir nach vorne zur Sakristei. Man lässt uns überall einfach durch, unsere großen Rucksäcke sind ein klares Zeichen, was wir hinter uns haben. Wir dürfen sogar in die Sakristei hinein, dort sind 4 Geistliche, 3 Pfarrer und ein Bischof! Alle sind begeistert, dass wir den Cammino Celeste gegangen sind. Sie werden uns in Ihr Abendgebet einschließen. Sogar der Bischof unterhält sich interessiert mit uns. Wir schweben auf Pilgerwolke 7. Den letzten Stempel erhalten wir natürlich auch hier. Ein besonderer Augenblick für uns. Mit gesalbten Kopf und einem geweihten Rucksack verlassen wir die Kirche und eilen zum nächsten Gasthaus. Auf einer Terrasse mit traumhafter Bergkulisse trinken wir ein Bier. Stille auch hier, wir sind einfach fertig, etwas traurig und sehr glücklich. Nach dem notwendigen Bier gehen wir zu unserer Unterkunft, dem Rifugio Locanda Al Convento. Ein altes Gebäude, das wohl mal eine kirchliche Funktion hatte, wie der Name schon sagt. Wir werden von Jure begrüßt, dem Wirt. Einem Slowenen, der seit 20 Jahren hier oben ist. Er ist Wirt mit Leib und Seele. Zudem spielt er auch noch auf seiner Ziehharmonika abends für seine Gäste. Das kommt gut an und bringt Hüttenstimmung. Es gibt gutes regionales Essen, Bier und Wein. Pilgerherz, was willst du mehr? Die Zimmer wurden kürzlich renoviert und waren die schönsten auf unserer ganzen Reise. Wir geniessen den Sonnenuntergang bei einem Spaziergang. Ruhe kehrt ein. Obwohl die Reise jetzt zu Ende ist, grübeln wir, was wir morgen machen werden. Wir sind ja ein paar Tage früher am Ziel als geplant. Es fehlte uns aber eine Idee, denn es ist schwierig die letzten 240 km zu toppen. Danach gibt es nichts höheres. Wir haben alles erledigt.
Wir sind den Weg gemeinsam gegangen.
Am Morgen danach gehen wir nochmal auf den Lussari Gipfel, schauen in die Ferne, wo die Dolomiten grüßen und ganz am Horizont muss irgendwo Grado sein. Am Ort wo die Reise begann- Mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht’s auf die Heimreise. Auf der Zugfahrt fliegt die Landschaft vorbei und auch alle Erinnerungen.
Cammino Celeste – wir kommen wieder.

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