Meine Freundin Sabine und ich begaben uns auf eine Pilgerreise durch Friaul-Julisch-Venetien. Inspiriert durch meinen Sohn Julius entschlossen wir uns Pilger zu werden. Wir wählten einen unbekannten Pilgerweg durch Norditalien. Der Cammino Celeste führt von Grado nach Norden an der Slowenischen Grenze bis fast nach Tarvis. Das Ziel ist der Pilgerberg Monte Lussari.
Wir starteten an einem Samstag frühmorgens Mitte Juni mit Zug von Salzburg nach Villach. Dann weiter mit einem AlpeAdria Microta Zug bis nach Cervignano. Zu Mittag wechselten wir dort in einen Bus und weiter gings nach Grado. Hier gönnten wir uns zwei Tage ein einfaches Hotel und genossen Grado. Am Montag gings dann los auf die Erste Etappe, ein Prolog um genau zu sein. Der Weg geht im Original von der Insel Barbana in der Bucht von Grado los. Den Pilgerpass holten wir uns tags zuvor mit dem Boot. Dort hätte man auch schlafen können, mangels Informationen wussten wir davon aber nichts, auch von vielen anderen Neuigkeiten oder Wissenswerten über den Pilgerweg wussten wir oft nichts.
Tag 1 – Prolog Grado – Aquileia 15 km – 0 Höhenmeter -17. Juni
Der Prolog beginnt mit der langen Geraden die jeder Grado Besucher kennt wenn er nach Grado kommt. Dort stolperte ich gleich nach 100 Metern. Der 10kg schwere Rucksack zog mich in die Tiefe und aufs Bankett. Mit einem kleinen Schock gings dann weiter. Es wurde uns gleich richtig warm, die Sonne brannte runter. Eine Kopfbedeckung war Pflicht. Der Weg über lange und schier endlose Schotterstrassen war richtig anstrengend. Aquilea ist eine historisch wichtige Stadt während der großen Römerzeit in der Antike. Wir nächtigen im feinen kleinen Casa Delneri Aquileia Hotel , essen Pizza in der Trattoria und sehen uns das EM Spiel Österreich-Frankreich am Handy an. Die wichtigen Ausgrabungsstätten sahen wir uns mangels Zeit und Müdigkeit nicht an. Der Eintritt in die Basilika mit 22 Euro ist uns auch zu hoch. Im Souvenier Shop ergattern wir ein paar Cammino Aufkleber, die kommen auf den Rucksack. Wir waschen das erste mal mit Rei in der Tube. Der Pilger Alltag beginnt. Tip des Tages: Sonnenhit tragen
Tag 2 – Aquileia – Aiello 17Km – 40 Höhenmeter – 18 Juni
Aurelio Pantanali begrüßte uns im alt ehrwürdigen Schloss Castello sehr nett und ist uns dann auch sehr Hilfreich bei der weiteren Planung der Reise. Er kennt ja fast jede Unterkunft am Weg und so organisiert er für uns alle restlichen Etappen. Er ruft überall an und reserviert Zimmer und gibt Tips zur Strecke. Er sagt uns auch das die Original Strecke in den Bergen nicht begehbar ist weil eine Hütte nicht offen hat und so wäre man ohne Verpflegung und Bett auf sich allein gestellt. Ziemlich beeindruckt von der großen Hilfe merkten wir erst später das wir damit auch zeitlich unter Druck waren. Wir hatten eigentlich mehr Zeit eingeplant um mehr vom Land zu sehen. Jetzt mussten wir aber den Reservierungen folgen. Das haben wir erst die Tage danach realisiert. Essen besorgten wir uns im Supermarkt und speisten mit einer Guten Flasche Wein. Am großen Fernseher schauten wir auf italienisch im RAI Uno Portugal-Tschechien. Herrlich ist das Pilger leben 🙂
Tipp des Tages: Geh in die Trafik dort erfährst du alles
Tag 3 – Aiello -Cormons – 18km – 150 Höhenmeter – 19. Juni
Um 9 Uhr starten wir die Etappe. Beim Bäcker versorgten wir uns noch mit Gebäck zuvor und machten ein paar Erinnerungsselfies vor der Kirche. Das war Pflicht jeden Tag. Wir leiden immer noch unter der Hitze. Wir hassen mittlerweile die langen Schotter Strassen. Wir hoffen aufs Gebirge. Oft geht jedem von uns der Gedanke des Scheiterns manchmal durch den Kopf. Etwas Abwechslung bringt zumindest der erste kleine Berg. Eher ein Hügel mit 135 Metern Höhe. Wir gehen steil bergauf durch alten Waldbestand und kommen auf ein seltsames Plateau. Wir befinden uns auf einem kleinen Berg bei Medea. Hier wurde 1951 das riesige Monument Ara Pacis Mundi errichtet. Es soll allen Kriegsopfern gedenken und an den Frieden appellieren. Wir machen Rast und blicken in die Ferne und sehen auch schon das heutige Ziel Cormons. Unten angelangt ist wieder eine unendliche Schotterstrasse vor uns zu bewältigen. Kurz vor 4 erreichen wir unser Ziel. Auch hier bekommen wir den Stempel nicht in der Kirche sondern im Tourismus Büro! In die Kirche kommen wir hier auch nicht. Verschlossen. Wir sind am Ende mit unseren Kräften. Ich kann nicht mehr brauche unbedingt Cola. Wir suchen einen Supermarkt. Wir sitzen am Rathausplatz, essen Rohschinken und trinken Bier dazu. Erst nach dieser Pause machen wir uns auf in unser Hotel. Sabine ist in großer Vorfreude, sie war hier schon mal. Sie kennt das Hotel Felcaro und die Gegend. Das Hotel liegt am Stadtrand an den Weinbergen. Etwas heruntergekommen, Zimmer nicht ganz sauber aber mit dem Charme der K&K Zeit. Überall Sisi und Kaiser Bilder zeugen von der guten Alten Zeit. Wir speisen dann doch im Hotel und sind von der Etikette und den verstaubten Restaurant Regeln etwa verwundert. Zum Abschluss sitzen wir auf der Terrasse mit einem Bier und sehen in den Sternenhimmel und können sogar in der Ferne die Lichter von Lignano erkennen. Tip des Tages: Pilgern ist kein Tagesausflug aber Früh aufstehen lohnt sich
Tag 4 Cormons- Castelmonte – 23 km – 820 Höhenmeter – 20. Juni
Heute steht die Längste Etappe bis jetzt steht auf dem Programm, erstmals über 20km, mit einigen Höhenmetern auch noch dazu. Wir starten bei relativ kühlen Temperaturen angesichts der Länge gegen 8 Uhr. Es geht gleich steil bergauf auf Asphalt, dann plötzlich bergab in einen Graben, dort stürze ich wieder mit meinem Rucksack. Nix passiert Gottseidank! Nach dem ersten Hügel gehts lange auf der Strasse entlang bis man direkt an der Slowenischen Grenze ist. Wir sind im Herzen des Weinbaugebiets Collio. Einem bekannten Wein der ähnlich dem Sauvignion Blanc ist. Die Landschaft ist hier auch so wie in der Südsteiermark oder der Toscana. Man fühlt sich zu Hause. Die Gegend ist traumhaft, wir wandern durch Weingärten sind begeistert. Zu Mittag sind haben wir einen längeren Anstieg hinter uns und machen eine Rast unter einem großen Baum. Mittlerweile ist es heiß geworden, wir haben keine Schatten mehr, unsere Trinkvorräte gehen zu Ende, weit und breit kein Brunnen oder Bach zu sehn. Nach der Pause gehts wieder bergab und unser Durst wird größer. Wir kommen in eine kleine verschlafene Ortschaft, kein Geschäft zu sehen. Wir bekommen langsam etwas Panik, wir sind ausgetrocknet. Wir entscheiden uns einfach bei einem Winzer und Bauernhof zu klingeln und um Wasser zu fragen. Auf den Strassen ist niemand zu sehen es bleibt uns nix anderes übrig. Die Tür geht auf und wir fragen nach Wasser, der Besitzer ist sehr freundlich und hat sicher Mitleid mit uns Pilger. Er versorgt und gratis mit Wasser! Wir bedanken uns tausendmal und ziehen weiter. Am Ortsende machen wir wieder Pause im Schatten, wir essen unsere letzten Powerriegel und Knabbernossi. Sabine leidet unter der Hitze noch mehr als ich. Wir haben noch 7 km und 500 Höhenmeter vor uns. Die Strecke ist unter normalen Umständen schon zu machen aber mit dem Rucksack und der Hitze sehr schwer! Wir schleppen uns den Weg weiter hoch, manchmal Straße manchmal ein Pfad, wir passieren einsame Dörfer, sehen aber keinen Menschen und kein Wasser weit und breit. Nach 3 1/2 Stunden sind erreichen wir Castelmonte. Einem Aussichts und Pilgerberg mit Kloster, einem großen Parkplatz und einer Trattoria. Sabine hat hier ein Zimmer reserviert noch zu Hause. Als wir um 17 Uhr komplett kaputt ankommen ist es sehr sehr ruhig hier oben. Wir gehen in den Gastgarten, sehen zwei Frauen. Sabine kann gut italienisch und redet mit Ihnen. Ich warte bei einem Tisch bin jetzt auch am Ende mit den Kräften. Ich geh zu Ihnen und höre mit was sie sagen. Sie sagen uns das die Trattoria geschlossen ist seit 5. Wir schauen uns an und uns vergeht das Lachen. Wir müssen uns mit Toast begnügen. Die typischen großen Toasts in Italien, wir bekommen alle 4 Toasts die noch in der Vitrine liegen. Zumindest ist der Hunger gestillt. Bier gibt es nur offen, also nehmen wir gleich 4! Die beiden Frauen verlassen uns jetzt, wir sind allein in der Trattoria. Es ist wie in einem Abtenteuer Film. Das im Laufe der Reise noch mehr solche Situationen kommen werden hätten wir uns nicht gedacht. Sabine hat noch Kraft und organisiert im Kloster die Stempel. Ich hätte keine Kraft mehr gehabt. Heutiges Spiel der EM am Handy Spanien-Italien. Wir sehen nicht das ganze Spiel, wir sind müde.
Tip des Tages: Solar Lade Panel besorgen
Tag 5 Castelmonte – Masarolis 25 Km – 500 Höhenmeter- 21. Juni
Angesichts der heutigen Etappenlänge starten wir um 8 Uhr. Andere Pilger gehen sicher früher weg, wir sind aber jeden Tag so müde daß wir die Ruhezeit einfach brauchen. Nach dem Selfie bei der Kirche am Castelmonte genießen wir ein paar Minuten die Ruhe und Ausblick in die Ferne. Es geht die ersten 6 km bergab bis wir in der Ebene sind. Wir spüren schon am Vormittag die Hitze. Wir kommen nach Cividale. Bis jetzt haben wir fast 100km zurück gelegt. Einem außerordentlich schönen Ort. Sabine war hier auch schon und liebt das Ambiente der Stadt. Viele kennen die Brücke von Cividale und stoppen im ein Selfie zu machen. Ich bin schon ziemlich müde und verzichte auf das Selfie, da müssten wir wieder etwas zurück gehen. Das gefällt Sabine gar nicht. Das Foto wär wichtig meinte sie. Wir holen uns zumindest den Stempel in Cividale im Tourismusbüro wieder. In der schönen Kirche gibts keinen. Wir zünden Kerzen an für einen Ex Kollegen von Sabine der vor ein paar Tagen gestorben ist. Ein Ehepaar spricht uns an wegen unserer Rucksäcke und der Cammino Abzeichen. Wir geben Auskunft über den Pilgerweg. Da es Mittag ist haben wir Hunger. Eine Einkehr in einer Trattoria erscheint uns zu Riskant wegen dem knappen Zeitplan und der kommenden Anstrengung. Wir fragen ein paar Leute nach einem Lebensmittel Geschäft. Erst am Stadtrand finden wir eins. Einen großen SPAR Supermarkt. Eigentlich möchten wir hier bleiben ist doch gut gekühlt hier. Wir decken uns mit Wasser ein soviel wir tragen können. Wurst, Brot, Süsses. Sabine zweifelt an meinem Einkauf, im Nachhinein wird sie mir danken und ich bin auch heilfroh drüber. Wir sitzen unter einem Baum beim Sparparkplatz. Ein schönes Bankerl haben wir nicht gesehen in der Nähe. Wir leiden unter der schwülen Hitze und studieren die restliche Strecke des Tages. Noch 14Km und 700 Höhenmeter. Wir entscheiden uns eine andere Strecke zu gehen. Nicht durch den Wald am Bergrücken sondern auf der Strasse. Etwa gleich lang aber in der Zivilisation. Um Probleme zu vermeiden wenn wir keine Wasser mehr haben und die Kräfte weg sind. Der Nachteil dieser Variante über das Dorf Torreano ist das alles auf der Strasse ist. Wir gehen und gehen. Reden nicht viel. Wir kommen nach Torreano fragen am Gemeindeamt nach einem Stempel. Fehlversuch. Etwas irritierend ist jetzt das wir an unserer Unterkunft vorbei gehen. Denn Aurelio hat uns hier etwas spezielles arrangiert. Er hat uns hier ein Zimmer organisiert und ein Taxi von Masarolis nach Torreano nach Beendigung der Etappe, sowie den Transport morgen von Torreano wieder rauf nach Masarolis. Wo wir morgen wieder starten. Wir hätten anscheinend auch in der Pilgerunterkunft schlafen können, aber wir waren da vorsichtig und haben das bequeme Angebot angenommen. Zurück zum Weg, wir passieren also Torreano und gehen entlang verlassener Dörfer die schier unendlichen Kehren hinauf nach Masarolis. Sabine hat einen Durchhänger ich versuche sie zu motivieren, was nicht immer gelingt. Es regnet leicht, das hebt die Stimmung nicht aber es kühlt den Kopf. Als wir bei der Ortstafel sind sehen wir Strassenbemalungen vom Giro Italia, der hier 2023 zu Gast war. Wo die überall hinkommen! Endlich im Zentrum von Masarolis angekommen. Das Dorf hat 67 Einwohner! Wieder sieht alles verlassen aus. Keine Trattoria, kein Geschäft nix! Wir trinken vom Wasser Brunnen bei der Kirche. Etwas planlos sitzen wir da. Plötzlich tauch ein Mann auf. Er ist der Messner wie sich herausstellt. Er ist Mega Nett und bringt uns aus der Pfarramt Cola und Fanta. Er entschuldigt sich das die Getränke abgelaufen sind, wir trinken es trotzdem mit Genuss.